Varmahlið

18.08.2021

In Varmahlið besichtigten wir die alte Torfkirche Víðimýrarkirkja und Glaumbær, ein Freilichtmuseum. Wir besuchten auch den Handwerks-Laden, der auf der Straße nach Sauðárkrókur liegt. Dies war das erste und letztendlich auch einzige Geschäft, in dem wir Geschenke fanden, die uns so richtig gefielen. Und natürlich musste ich mir auch eine Wollhaube aus isländischer Schafswolle kaufen, die mich durch die nächsten kalten Jahreszeiten begleiten wird!

Hauptsächlich kamen wir allerdings hierher, da Gottfried eine Rafting-Tour auf dem East-River machen wollte, die als sehr herausfordernd beschrieben war. Aber diese Geschichte soll er erzählen:

Rafting
text@gottfried

Da Claudia keine richtige Lust auf eine Rafting-Tour hatte, war ich diesmal alleine unterwegs und darf über meine Erfahrungen berichten.

Im Süden von Varmahlið gibt es die Möglichkeit, am West und East Glacier River zu raften. Der Westriver ist für "Familienrafting" geeignet, der Eastriver mit seinen 4+ Stellen ist schon etwas für erfahrenere Rafter - also für mich ;-)

Ich buchte übers Internet und da wir bereits in der Nähe waren, fuhren wir zur Basis, um uns ein wenig zu informieren. Ein Schweizer Guide informierte uns über den Ablauf und dass die Tour über ca. 18 km geht und die ersten 12 km recht anspruchsvoll sind. Dann vereint sich der East mit dem West Glacier River und es geht entspannter weiter. Die Raftingboote werden von "Safety-Kajaks" begleitet und das Unternehmen legt sehr viel Wert auf Sicherheit. In den letzten Jahren hat es nur einen schwereren Unfall gegeben - also echt beruhigend.

Am nächsten Tag waren wir pünktlich zum Start um 09:00 Uhr an der Basis. Es hatten sich außer mir 12 weitere Wagemutige eingefunden. Wir bekamen vom englischen Guide eine umfangreiche theoretische Einschulung. Diese hatte er recht lustig und unterhaltsam gestaltet, sodass wir unseren Spaß an den Schilderungen hatten. Wenn man ins Wasser fällt und ein Rettungskajak kommt, soll man immer lächeln. Dies bedeutet für die Retter, dass man ok ist und mit der Situation klarkommt. Man soll keine Anzeichen von Stress im Gesicht erkennen lassen - dies ist besonders für die Rettung wichtig. Es werden zuerst jene Personen geborgen, welche lächeln! Diese können nämlich dann den anderen helfen. Panische Personen sind dazu weniger in der Lage - irgendwie auch verständlich.

Besonders in Erinnerung ist mir auch geblieben, dass man beim Kentern an schwierigen Stellen von der Strömung unter Wasser gezogen werden kann. Dann heißt es Ruhe bewahren und langsam bis 10 zählen, dann sollte man wieder an der Oberfläche sein. Wenn nicht, nochmals bis 10 zählen. Da lachten wir noch darüber...

Wir bekamen Trockenanzüge und Füßlinge sowie eine Rettungsweste und Helm. Da ich eine GoPro mitnahm, bekam ich einen entsprechenden Helm, an welchem die Kamera montiert wurde. Diese wurde zudem noch mit einer dünnen Reepschnur gesichert, damit sie nicht verloren geht, wenn sie von den Wellen aus der Halterung gerissen wird - Wellen in dieser Höhe? - OK.

Mit einem Bus wurden wir dann zur Einstiegsstelle gebracht und Claudia folgte dem Bus mit unserem Auto, um Fotos zu machen. Nach 45 Minuten waren wir am Zielort und bekamen die Paddel und nochmals eine Einschulung im Umgang damit. Es gab zwei Rafting Boote und zwei "Safety-Kajaks", welche von zwei erfahrenen Amerikanern gesteuert wurden. Zwei weitere Kajaker, die erstmals hier am Fluss fuhren, und ein Kajak mit einem Fotografen waren auch mit von der Partie.

Unser Guide war ein Nepalese, weiters waren drei junge Briten sowie ein maltesisches Paar gemeinsam mit mir im Boot. Auf die Frage des Guides, wer schon mal raften war, habe nur ich aufgezeigt. Ich war schon ein paar Mal in Österreich und einmal in Ecuador raften, wusste also grundsätzlich, wie es abläuft. Die anderen 5 waren blutige Anfänger - auch gut, aber für so einen Fluss?! Es war dann doch beruhigend, dass der Guide schon ein paar Mal raften war ;-))) (er fährt seit 20 Jahren)

Er erklärte uns nochmals, dass er uns als Team braucht. Nur wenn wir seine Kommandos befolgen und kräftig paddeln, kann er das Boot entsprechend steuern. Wie sich später herausstellte, dürften das nicht alle so richtig verstanden haben.

Unsere Ausrüstung wurde nochmals auf perfekten Sitz geprüft, insbesondere Rettungsweste und Helm, und dann gings los. Die Boote wurden ins Wasser gelassen und wir versuchen die gelernte Theorie in die Praxis umzusetzen. Ich saß rechts vorne, links der Mann aus Malta. Wir waren die Taktgeber fürs gemeinsame und gleichzeitige Paddeln, was am Anfang nicht so wirklich funktioniert hat. Nach mehrfacher Erklärung wurde es langsam ein wenig besser. Dabei trieb das Boot durch den Fluss und es war schon viel Bewegung im Wasser.

Wir mussten dann alle in den Fluss, um einmal das Einsteigen zu üben. Das war schon anstrengend genug, denn von allein kommt man schwer ins Boot. Daher ziehen die im Boot sitzenden Personen die im Wasser befindlichen an den Schulterriemen der Rettungswesten ins Boot. Was bei entsprechendem Gewicht des zu Rettenden einer gewissen Kraftanstrengung bedarf.

Als der schon von sich aus unruhige Fluss ein wenig an Wellenhöhe und Strömungsintensität zulegte, kenterten wir schon das erste Mal unfreiwillig. Offensichtlich wurde nicht kräftig bzw. im Takt gepaddelt, sodass der Guide nicht entsprechend steuern konnte.

Der East Glacier River ist aufgrund der mitgeführten Sedimente grau und unter Wasser komplett dunkel. Er hat auf den ersten 12 km grundsätzlich eine schnelle Strömung und es gibt drei richtig schwierige Stellen. Nachdem wir schon Wassererfahrung hatten, wurde bei der ersten schweren Stelle den Anweisungen entsprechend gepaddelt und diese wurde von uns gut gemeistert. Es ging über Absätze hinunter, das Boot tauchte voll in die Wellen, füllte sich mit Wasser und die Gischt ging über uns drüber - echt heftig. Aber wir waren durch, voller Freude, Paddel in der Höhe zusammenschlagen und ins Wasser klatschen... yeahh ;-)) geschafft!

Vor der schwierigsten Stelle hielten wir nochmals an, unser Guide und die Paddler der zwei Begleitkajaks kletterten am Ufer entlang und positionierten sich mit den Rettungsleinen. Die zwei Safetykajaks bezogen Position und das erste Raft legte ab. Wir sahen nur, wie sie den ersten Absatz hinabfuhren und dann in der Strömung nach einer Rechtskurve über den nächsten Absatz hinunterstürzten, dann waren sie verschwunden und für uns nicht mehr sichtbar. Dann ein Jubel der an der Seite positionierten Leute - sie waren offensichtlich sicher durch.

Unser Guide kam zu uns zurück und schwor uns nochmals darauf ein, den Anweisungen entsprechend zu agieren, wirklich konzentriert zu bleiben und alles zu geben. Nachdem die Sicherungskette auf der Seite wieder positioniert war, ging es für uns los. Abstoßen vom Ufer und wir paddelten den Kommandos entsprechend. Das Boot wurde vom Guide gerade auf den ersten Absatz zugesteuert. Die Engländer johlten und schon gings über den ersten Absatz, das Boot tauchte ein, die Wellen über uns und dann durch die Strömung auf den nächsten Absatz zu, wo sich der Fluss zwischen den Felsen nach rechts drehte. Wir paddelten kurz laut Anweisung, dann Paddel in die Höhe, das Boot drehte sich aber leicht nach links und wir fuhren über den nächsten Absatz. Hier tauchte das Boot rechts vorne auf meiner Seite in die Wellen ein und bevor ich dachte, dass dies knapp werden könnte, kenterten wir auch schon. Ich bekam zuerst den rechten Fuß nicht gleich aus der Schlaufe, mit einem Tritt des anderen Fußes gegen das Boot kam ich dann doch frei.

Ich tauchte kurz auf, das Boot trieb vor mir, dann wurde ich unter das Wasser gezogen. Nach einigen Sekunden war ich wieder an der Oberfläche, um mich die anderen Rafter und dann gings über den dritten Absatz, ich war genau in der Strömung und dann wurde es wieder finster, richtig finster... Wie hat der Guide bei der Einschulung gesagt: bis 10 zählen. Leichter gesagt als getan, aber vollgepumpt mit Adrenalin schaltet das Hirn auf "Überlebensmodus" - also ein Atemversuch war keine Option. Kurzzeitig kam mir der Gedanke, dass hoffentlich mein Leben nicht in einem Gletscherfluss in Island enden wird. Hat es nicht, nach ewig langen 10 Sekunden hat mich der Fluss wieder ausgespuckt, nachdem er mich gut 20 Meter "durchgewaschen und -geschleudert" hatte.

Ein Rettungskajak war neben mir - lächeln, obwohl es mir schwer fiel. Ich hielt mich hinten am Kajak an und wurde dann, als wir an einer ruhigeren Stelle waren, angewiesen ans Ufer zu schwimmen. Auf einem Felsen wartete ich, bis das 2. Raftingboot kam und mich aufnahm. Mit mir saß schon fast unsere ganze Crew im anderen Boot. Als der Fluss wieder ruhiger wurde, konnten wir in unser zwischenzeitlich wieder umgedrehtes Boot umsteigen.

Vom "Schwimmausflug" waren alle schwer beeindruckt - "wahnsinnig", "verrückt", "heftig" etc. waren die Reaktionen. Einer der jungen Engländer wirkte total paranoisiert - es war echt spannend!

Die restlichen Stellen, obwohl auch noch anspruchsvoll, wurden gut gemeistert. Der Takt und der Einsatz passte. Was so ein kleiner Ausflug ins Wasser alles bewirkt kann! Jetzt hatte offensichtlich jeder verstanden, wie so ein Raftingboot funktioniert. Wenn man nicht paddelt und mehr Geschwindigkeit aufnimmt, als die Flussgeschwindigkeit, ist das Boot in diesen Wellen und der Strömung vom besten Guide nicht richtig steuerbar.

Es gab noch eine Pause, wo wir über eine kleine Seilbahn mit heißer Schokolade und Pancakes mit Heidelbeermarmelade und Schlag versorgt wurden - eine geniale Stärkung.

Am Ende der Tour mussten wir das Flussufer hinaufklettern und die Boote wurden über eine Rampe mit einer von einem Traktor betriebenen Seilwinde herausgezogen.

Für mich war es ein extrem spannendes Abenteuer. Es war natürlich heftig, dass man das Auftauchen nicht steuern konnte - aber es ist wie oft im Leben: man muss halt auch mal warten können. (Obwohl mir das nicht immer leicht fällt!)

Der Fluss hatte nur 6 - 8 Grad und die Umgebungstemperatur um die 12 Grad. Dennoch war ich unter dem Trockenanzug nass geschwitzt. Wahrscheinlich von der Anstrengung - die Angst wird's ja wohl nicht gewesen sein ;-)

Nach dieser spannenden Tour hatten wir uns den Natur Hot Pot Fosslaug, der direkt neben dem Reykjafoss liegt, so richtig verdient. Vor allem die Möglichkeit sich direkt im Fluss daneben abzukühlen macht diesen Hot Pot besonders reizvoll.

Hier entspannten wir nochmal so richtig, bevor wir nach Siglufjörður weiterfuhren, einem netten Urlaubsort, der im Winter ein optimaler Standort für Schitouren ist.